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DIE INITIATIVE

Was möchte die Vollgeld-Initiative am bestehenden System ändern?

Die Vollgeld-Initiative strebt eine radikale Abkehr vom bestehenden Zahlungs- und Finanzsystem an. Sie will das Buchgeld abschaffen. Die Initiative setzt sich aus dem Artikel 99 (Geld- und Finanzmarktordnung) und aus dem Artikel 99a (Schweizerische Nationalbank) zusammen. Beide Artikel umfassen wiederum mehrere Absätze. Nachfolgend werden die wichtigsten Elemente erläutert. Der gesamte Initiativtext und der bestehende Verfassungsartikel 99 sind weiter unten aufgeführt.

Geschäftsbanken sollen kein Buchgeld mehr schaffen

Art. 99, Abs. 2 (Geld- und Finanzmarktordnung)
Der Bund allein schafft Münzen, Banknoten und Buchgeld als gesetzliche Zahlungsmittel.

Dieser Absatz scheint auf den ersten Blick wichtig zu sein. Er ist es aber nicht, weil diese gesetzliche Regelung bereits heute besteht. Nur die SNB (Reserven und Banknoten) und der Bund (Münzen) dürfen das gesetzliche Zahlungsmittel herstellen. Buchgeld, welches von den Geschäftsbanken geschaffen wird, ist kein gesetzliches Zahlungsmittel.

In den Erläuterungen zum Art. 99 Abs. 2, welche auf der Internetseite der Initianten zu finden ist, schreiben diese folgendes:

Dieser Satz formuliert das Kernanliegen der Vollgeldreform. [....] Genauso wie 1891 den Banken verboten wurde, Papiergeld zu drucken, soll ihnen jetzt verboten werden, Giralgeld [Buchgeld,  Anm. d. Verfassers] zu erzeugen.

Der Art. 99 Abs 2  sagt nicht das gleiche wie die Erläuterungen zu diesem Absatz. Art. 99, Abs 2 verbietet das heutige, von den Geschäftsbanken geschaffene, Buchgeld nicht. Trotzdem meinen die Initianten, dass dieser Absatz deren Kernanliegen widerspiegelt: das Verbot des Buchgeldes.

Es ist irritierend, dass eine Initiative, welche derart weitreichende Folgen hat, nicht widerspruchsfrei formuliert ist. Es bedarf die Erläuterungen der Initianten, um herauszufinden, was der Zweck von Art. 99 Abs. 2 ist. Weitere solche Ungereimtheiten werden auf der Seite Achillesfersen diskutiert.

Trennung des Zahlungssystems vom Finanzsystem

Art. 99, Abs. 5 (Geld- und Finanzmarktordnung)

Die Finanzdienstleister führen Zahlungsverkehrskonten der Kundinnen und Kunden ausserhalb ihrer Bilanz. Diese Konten fallen nicht in die Konkursmasse.

Die Vollgeld-Initiative verlangt, dass Geschäftsbanken alle Sichtguthaben ihrer Kunden, welche auf Schweizer Franken lauten, ausserhalb ihrer Bilanz führen müssen. Dadurch fallen sie auch nicht in die Konkursmasse, falls eine Bank Konkurs geht.

Art. 99 Abs. 5  schafft das bestehende Mindestreservesystem ab. Im bestehenden Mindestreservesystem können Geschäftsbanken Kredite über eine Bilanzverlängerung vergeben. Der Kredit muss nur teilweise mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel hinterlegt werden. Nach Annahme der Vollgeldinitiative muss eine Geschäftsbank, welche einen Kredit vergeben möchte, im Besitz des gesetzlichen Zahlungsmittels sein. Die Kreditvergabe der Geschäftsbanken wird dadurch aufwendiger, aber nicht ummöglich. In den Besitz des gesetzlichen Zahlungsmittels können sie auf folgende Weise kommen:

  1. Die Geschäftsbanken können weiterhin Sparkonten anbieten. Die auf diesen Konti gehaltenen gesetzlichen Zahlungsmittel kann die Bank als Kredit verleihen.
  2. Es wird einen Markt geben, auf dem das gesetzliche Zahlungsmittel gehandelt wird. Die Geschäftsbanken können auf diesem Markt gesetzliche Zahlungsmittel kaufen und verkaufen oder leihen und ausleihen. 
  3. Die SNB wird Konditionen formulieren, zu denen die Geschäftsbanken das elektronische gesetzliche Zahlungsmittel von der SNB ausleihen können.

Der Vorgang, dass eine Geschäftsbank zuerst erwerben muss, was sie an einen Kunden ausleihen will, ist nicht aussergewöhnlich. Wenn zum Beispiel ein Bankkunde von einer Geschäftsbank physisches Gold ausleihen möchte, muss die Geschäftsbank Gold besitzen. Dazu muss sie das Gold zuerst erwerben (kaufen oder ausleihen).

Die folgende Grafik erläutert, wie nach einer Annahme der Vollgeld-Initiative eine Geschäftsbank eine Hypothek von 100CHF vergeben kann. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Geschäftsbank in einem ersten Schritt die nötigen gesetzlichen Zahlungsmittel (Reserven) in der Höhe von 100CHF bei der SNB ausleiht. In einem zweiten Schritt transferiert sie 100CHF Reserven auf das Konto des Kunden. Im Gegenzug verbucht sie die Hypothek von 100CHF auf ihrer Aktivseite.

Diese Ausführungen zeigen, dass die von der Vollgeld-Initiative vorgesehene Trennung des Zahlungssystems vom Finanzsystem grundsätzlich möglich ist. Die Seite Achillesfersen zeigt auf, welche Nachteile eine solche Trennung für eine Volkswirtschaft hat.

Schuldfreies Geld

Art. 99a, Abs. 3 (Schweizerische Nationalbank)

Sie [Die Schweizerische Nationalbank, Anm. d. Verfassers] bringt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages neu geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf, und zwar über den Bund oder über die Kantone oder, indem sie es direkt den Bürgerinnen und Bürgern zuteilt. Sie kann den Banken befristete Darlehen gewähren.

In der heutigen Praxis verbucht die SNB neu geschaffenes Geld als Schuld auf der Passivseite ihrer Bilanz. Erzielt sie Gewinne im Anlagegeschäft, werden diese als Seigniorage ausbezahlt.

Die Idee der Vollgeld-Initiative hingegen ist, dass die SNB neu geschaffenes Geld nicht als Schuld verbucht sondern als Gewinn ausbezahlt. So erhoffen sich die Initianten alleine bei der Umstellung auf Vollgeld einen einmaligen Gewinn von 300 Milliarden Schweizer Franken:

"In der Umstellungsphase ist eine über Jahre gestaffelte Bürgerauszahlung pro Kopf von einigen tausend Franken denkbar, danach weiterhin von jährlich hundert Franken. Freuen wir uns darauf!"

Dies ist zu schön, um wahr zu sein. Die Vollgeld-Initiative suggeriert, dass Geld auf der Strasse liegt und nur aufgelesen werden muss. Sie suggeriert auch, dass bis anhin kein Staat erkannt hat, dass hier schmerzlose Steuermittel zur Verfügung stehen. In Tat und Wahrheit haben bereits sehr viele Staaten von diesem Angebot gekostet. Der Grund, dass man von diesen Geldordnungen nichts mehr hört, liegt daran, dass es sie nicht mehr gibt.

Vollgeld hat viele Schwächen. Auf diese wird auf der Seite Achillesfersen im Detail eingegangen. 


Der vollständige Initiativtext

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 99 Geld- und Finanzmarktordnung

1 Der Bund gewährleistet die Versorgung der Wirtschaft mit Geld und Finanzdienstleistungen. Er kann dabei vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen. 

2 Der Bund allein schafft Münzen, Banknoten und Buchgeld als gesetzliche Zahlungsmittel.

3 Die Schaffung und Verwendung anderer Zahlungsmittel sind zulässig, soweit dies mit dem gesetzlichen Auftrag der Schweizerischen Nationalbank vereinbar ist.

4 Das Gesetz ordnet den Finanzmarkt im Gesamtinteresse des Landes. Es regelt insbesondere: 

a. die Treuhandpflichten der Finanzdienstleister; 

b. die Aufsicht über die Geschäftsbedingungen der Finanzdienstleister; 

c. die Bewilligung und die Beaufsichtigung von Finanzprodukten;

d. die Anforderungen an die Eigenmittel; 

e. die Begrenzung des Eigenhandels.

5 Die Finanzdienstleister führen Zahlungsverkehrskonten der Kundinnen und Kunden ausserhalb ihrer Bilanz. Diese Konten fallen nicht in die Konkursmasse.

 

Art. 99a Schweizerische Nationalbank 

1 Die Schweizerische Nationalbank führt als unabhängige Zentralbank eine Geld- und Währungspolitik, die dem Gesamtinteresse des Landes dient; sie steuert die Geldmenge und gewährleistet das Funktionieren des Zahlungsverkehrs sowie die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten durch die Finanzdienstleister.

2 Sie kann Mindesthaltefristen für Finanzanlagen setzen.

3 Sie bringt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages neu geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf, und zwar über den Bund oder über die Kantone oder, indem sie es direkt den Bürgerinnen und Bürgern zuteilt. Sie kann den Banken befristete Darlehen gewähren.

4 Sie bildet aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven; ein Teil dieser Reserven wird in Gold gehalten. 

5 Der Reingewinn der Schweizerischen Nationalbank geht zu mindestens zwei Dritteln an die Kantone.

6 Die Schweizerische Nationalbank ist in der Erfüllung ihrer Aufgaben nur dem Gesetz verpflichtet. 

 

Art. 197 Ziff. 12

12. Übergangsbestimmungen zu den Art. 99 (Geld- und Finanzmarktordnung) und 99a (Schweizerische Nationalbank)

1 Die Ausführungsbestimmungen sehen vor, dass am Stichtag ihres Inkrafttretens alles Buchgeld auf Zahlungsverkehrskonten zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel wird. Damit werden entsprechende Verbindlichkeiten der Finanzdienstleister gegenüber der Schweizerischen Nationalbank begründet. Diese sorgt dafür, dass die Verbindlichkeiten aus der Buchgeld-Umstellung innerhalb einer zumutbaren Übergangsphase getilgt werden. Bestehende Kreditverträge bleiben unberührt.

2 Insbesondere in der Übergangsphase sorgt die Schweizerische Nationalbank dafür, dass weder Geldknappheit noch Geldschwemme entsteht. Während dieser Zeit kann sie den Finanzdienstleistern erleichterten Zugang zu Darlehen gewähren.

3 Tritt die entsprechende Bundesgesetzgebung nicht innerhalb von zwei Jahren nach Annahme der Artikel 99 und 99a in Kraft, so erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen innerhalb eines Jahres auf dem Verordnungsweg.


Der bestehende Verfassungstext

Der folgende schlanke Artikel steht heute in der Verfassung.

Art. 99 Geld- und Währungspolitik

1 Das Geld- und Währungswesen ist Sache des Bundes; diesem allein steht das Recht zur Ausgabe von Münzen und Banknoten zu.

2 Die Schweizerische Nationalbank führt als unabhängige Zentralbank eine Geld- und Währungspolitik, die dem Gesamtinteresse des Landes dient; sie wird unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet.

3 Die Schweizerische Nationalbank bildet aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven; ein Teil dieser Reserven wird in Gold gehalten.

4 Der Reingewinn der Schweizerischen Nationalbank geht zu mindestens zwei Dritteln an die Kantone.

HINTERGRUND

Will man das Anliegen der Vollgeld-Initiative verstehen, ist die Kenntnis des heutigen Systems der Geldschaffung in der Schweiz unabdingbar.

DIE INITIATIVE

Die Initiative möchte die Geldschaffung alleine der Nationalbank überantworten und damit krisensicheres Geld garantieren.

ACHILLESFERSEN

Die Vollgeld-Initiative besitzt einige Schwachpunkte, zudem würde sie eine Finanzkrise wie jene von 2008 / 2009 nicht verhindern.

DIE ALTERNATIVE

Die Vollgeld-Initiative ist ein Experiment, dessen Risiken nicht absehbar sind. Unsere Alternative verbessert das Geldsystem ohne Nachteile.